Nur eine kann Germanys Next Topmodel werden

Im Jahr 2006 wurde die erste Staffel von Germanys Next Topmodel ausgestrahlt. Seitdem ist GNTM eine der beliebtesten Castingshows im deutschen Fernsehen und lockt Jahr für Jahr tausende Zuschauer*innen an. Etwa 1,8 Millionen Zuschauer*innen waren es zum Beispiel im letzten Jahr in der 18. Staffel.

Doch die Realityshow steht auch stark in der Kritik. Viele fordern dazu auf die Sendung zu boykottieren. Und auch ehemalige Kandidatinnen und Juroren äußern sich teilweise kritisch über die Sendung von Heidi Klum. Doch was genau sind die Kritikpunkte? Und ist es trotzdem ok die Sendung anzusehen?

„Nach GNTM sind die Karrierechancen als Model gering“

Zu diesem Kritikpunkt äußert sich vor allem der ehemalige Juror Peyman Amin. Seiner Ansicht nach wird in dem Format kein realistisches Modelleben gezeigt. Stattdessen würde sich alles nur um Drama drehen. Hierbei sollte man aber beachten, dass es sich bei GNTM in erster Linie um eine Reality-Unterhaltungssendung handelt, in der die Modelausbildung nur einen Rahmen bildet. GNTM kann ein Sprungbrett sein, um der eigenen Bekanntheit einen Push zu geben.

Doch wer wurde nach GNTM wirklich erfolgreich? Einige Namen, wie Stefanie Giesinger oder Lena Gerke sind bestimmt den meisten noch bekannt. Und auch einige Kandidatinnen, die es in Heidis Sendung nicht zum Sieg geschafft haben, sind im Modelbusiness erfolgreich: Beispielsweise Anh Phuong und Sarina Nowak. Doch von vielen Gewinnerinnen hat man nach dem Finale nichts mehr gehört. Dass der Sendung vorzuwerfen, ist aber schwierig. Schließlich liegt es vor allem an den Kandidatinnen, was sie aus dem Sprungbrett machen. Für viele geht es nach der Sendung stattdessen weiter mit Instagram. Oder sie sind in Trash-Sendungen, wie beispielsweise dem Dschungelcamp, zu sehen. (Hier ist ja fast Tradition eine Kandidatin aus der Vorjahresstaffel ins Camp zu senden.) Ein wirklicher „Weltstar“ oder ein Heidi 2.0. ging aus der Sendung bisher aber noch nicht hervor.

„Durch die Sendung wird jungen Frauen ein kritisches Körperbild vermittelt“

Insbesondere in früheren Staffeln der Sendung wurde ein sehr einseitiges Körperbild vermittelt. Was? Eines der Models isst Pommes? Skandal! Hier gibt es nur noch Paprikasticks zu essen! Wer hier nicht „dünn genug“ war, hatte keine Chance auf GNTM. Immer wieder wurde spekuliert, dass die Sendung einen negativen Einfluss auf das Körper- und Selbstbild der jungen Zuschauer*innen haben könnte. Und tatsächlich kam in einer Studie aus dem Jahr 2015 heraus, dass Mädchen, die sich die Modelsendung ansehen, signifikant häufiger denken, dass sie „zu dick“ sind.

Immerhin hat sich die Sendung die Kritik bereits zu Herzen genommen. Immer wieder kann man Heidi und die Kandidatinnen beim Schlemmen sehen. Außerdem versucht die Sendung nun ein diverseres Bild zu vermitteln. „Curvy Models“ (kurvige Frauen), „Best Ager“ (ältere Models), trans Models und nun auch männliche Models. Der Cast soll also etwas mehr Vielfalt darstellen. Klar ist natürlich trotzdem: Ein wirklicher Querschnitt durch die Gesellschaft ist das nicht.
 

Du bist selbst betroffen?

Der Umgang mit Essstörungen kann sehr belastend sein. Wenn du betroffen bist, kannst du überlegen dir Hilfe zu holen. Suche zum Beispiel das Gespräch mit Vertrauenspersonen, wie deinen Eltern, Lehrer*innen oder Freund*innen. Überlege, ob du dich an eine Beratungsstelle wenden möchtest. Auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung findest du Ansprechpartner*innen in deiner Nähe.

 

„Das berüchtigte Nacktshooting“

Das aktuelle Mindestalter, um an GNTM teilzunehmen, beträgt 18 Jahre. Doch das war nicht immer so. Zwischenzeitlich konnten bereits 16-Jährige als Kandidatinnen auftreten. Diese Tatsache wurde häufig im Zusammenhang mit freizügigeren Shootings innerhalb der Sendung kritisiert. In jeder Staffel der Modelsendung gibt es ein Nacktshooting oder Drehtage, an denen die Teilnehmerinnen gemeinsam mit Male-Models (männlichen Models) vor der Kamera posen sollen. Das natürlich möglichst sexy. Immer wieder kam es hier zu Situationen, in denen sich die jungen Kandidatinnen sehr unwohl fühlten. Schließlich kann dann ganz Deutschland – beziehungsweise die eigene Familie und Klassenkamerad*innen – die intimen Momente im Fernsehen sehen. Hier wird Druck aufgebaut: „Für dich machen wir keine Extrawurst.“ Oder: „Du kannst entscheiden: Entweder du ziehst dich aus oder du musst die Sendung verlassen.“ Durch diese Art der Manipulation wurden viele Teilnehmerinnen dazu gebracht doch noch am Shooting teilzunehmen, obwohl sie sich sehr unwohl fühlten. Eine kritische Auseinandersetzung zu diesem Thema kannst du dir auch in diesem Video von Rezo ansehen.
 

Lass dich zu nichts drängen!

Diese Problematik lässt sich natürlich auch auf das „normale“ Leben übertragen. Du solltest dich niemals zu etwas drängen lassen, wenn du dich unwohl fühlst. Du wirst aufgefordert intime Bilder zu senden, aber hast ein komisches Baugefühl? Dann lass es! Mehr Tipps zum Thema Sexting kannst du in diesem Artikel von uns nachlesen.

 

„Kandidatinnen werden manipuliert und Stressmomente werden gezielt provoziert“

Einigen Kandidatinnen wird innerhalb der Staffel der „Zicken-Stempel“ aufgedrückt. Hier muss man sagen: Der Sender kann nur das zeigen, was auch passiert ist. Dennoch kann eine Situation durch explizite Nachfragen im Interview und den Schnitt dramatischer dargestellt werden. Auch das explizite Provozieren von Stressmomenten spielt hier eine Rolle. Viele ehemalige Teilnehmerinnen erzählen, dass sie in ihrem Alltag in der Show kaum Möglichkeiten hatten sich einmal zurückzuziehen. Auch Smartphones werden eingezogen. Der Kontakt zu den Liebsten nach Hause wird nur selten in einem Telefonzimmer möglich gemacht und mitgefilmt. Da kann man durchaus etwas dünnhäutig werden.

Viele Ex-Kandidatinnen hatten nach der Ausstrahlung der Sendung mit Hass zu tun. Beleidigungen sind hier nur der Anfang. Im Fall von Lijana Kaggwa liefen die Reaktionen einiger Zuschauerinnen komplett aus dem Rahmen: Hunde-Kiftköder im Garten, das Anspucken auf der Straße, das Zumüllen ihres Autos oder das Anpöbeln von Familienmitgliedern und sogar Morddrohungen! Irgendwann war Lijana sogar auf Polizeischutz angewiesen. Und da ist vollkommen klar: Ein solches Verhalten ist nicht nur absolut fehl am Platz, sondern in vielen Fällen auch strafbar.
 

 Bilde dir deine Meinung, aber bleibe fair!

Egal, was du von einer Person im Fernsehen hältst – andere im Netz zu beleidigen, zu bedrohen oder sogar anzugreifen, ist nicht okay und sogar strafbar! Denke immer daran, dass es sich hier um Menschen mit Gefühlen handelt und Situationen im Fernsehen auch durch die oben beschriebenen Manipulationstechniken beeinflusst werden können. In diesem Handysektor-Artikel kannst du nachlesen, wie du auf Hass im Netz reagieren kannst.

In dieser Doku von STRG_F kannst du dir viele verschiedene Meinungen von Ex-Kandidat:innen der Sendung ansehen.
 

Sollten wir nun alle GNTM boykottieren?

Es gibt einige Stimmen, die sich komplett gegen GNTM aussprechen und sagen, dass man diese Serie nicht unterstützen sollte. Vielen Menschen macht es aber auch Spaß mit seinen Lieblingen mitzufiebern und die spannenden Shootings und Starauftritte mitzuverfolgen. Ob du dich nun dafür oder dagegen entscheidest – wichtig ist vorallem, dass du dir darüber im Klaren bist, dass es sich um eine Reality-TV Serie handelt. Was dir gezeigt wird, muss so nicht wirklich passiert sein und insgesamt hat die ganze Sendung nicht viel mit dem echten Modelleben zu tun. Distanziere dich klar gegen Hass gegen die ehemaligen und kommenden Kandidat*innen. Sowohl online, als auch offline!

Artikel vom 15.02.2024.