Fake-Profile, Vorbilder und hilfreiche Infos. Im Interview erzählt Marc von seinen Erfahrungen mit dem Online- und Offline- Schwulsein.

Ich steh' auf Jungs. Genau wie Marc (25). Im Gegensatz zu Marc war ich aber noch nie in einer lesbisch-schwulen Community angemeldet und habe mich auch noch nie selbst mit dem Thema Outing beschäftigt. Um darüber mal mehr zu erfahren habe ich mich mit Marc getroffen. Beim Picknick am See hat er mir von seinen Erfahrungen erzählt hat. 

Interview am See
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Kim: Hey Marc, cool, dass du Zeit für ein kleines Interview hast. Ich falle direkt mit der Tür ins Haus. Seit wann weißt du, dass du schwul bist?

Marc: Also ich weiß bereits seit dem Kindergarten, dass ich mehr an Jungs als an Mädels interessiert bin. Es ist ja nicht so, dass man plötzlich schwul wird oder sich dazu entscheidet, jetzt schwul zu werden. Seit ungefähr 10 Jahren, bin ich mir aber ganz sicher.

 

“Es ist ja nicht so, dass man sich dazu entscheidet, jetzt schwul zu werden.”

Marc (25)

Kim: Woher hattest du denn deine ersten Infos zum Thema Homosexualität?

Marc: Meine ersten Infos habe ich aus dem Internet und aus dem TV. Das Angebot war aber damals eher mager und wenig informativ. Man landete irgendwie immer direkt auf Pornoseiten, wenn man etwas zum Thema gegoogelt hat. Das kann echt ziemlich nervig sein.

Kim: Pornoseiten sind ja defintiv keine gute Quelle für nützliche Infos. Wie bist du an gute Infos gekommen?

Marc: Richtig nützliche Infos hatte ich aus erster Hand bekommen. Vor meinem Outing, mit 15, habe ich ein schwules Paar im Urlaub kennengelernt. Die beiden haben mir einiges erzählt, das war total interessant und locker. Die zwei wussten allerdings nicht, dass ich selbst schwul war, da ich ja noch nicht geoutet war. So konnte ich mich irgendwie auch ganz unverbindlich informieren.

Kim: Warst du denn oder bist du in schwulen Communities oder Chat-Plattformen unterwegs? 

Marc: Klar! Wer ist das nicht?! Alle hassen und lieben es gleichermaßen. Ich habe online zum Beispiel meinen Ex-Freund kennengelernt und die ein oder andere kürzere Liebschaft. Ich habe in online Communities hauptsächlich gute Erfahrungen gemacht, war aber auch vorsichtig. Worauf man definitiv aufpassen muss: Fake-Profile. Davon gibt's je nach Community echt viele.

 

“Schwule Communities hassen und lieben alle gleichermaßen. Man muss definitiv aufpassen. ”

Marc (25)

 

Kim: Eine ganz große Frage ist ja auch "Wann und wie sag ich's den Anderen?". Hast du dir irgendwelche Tipps für's Outing geholt?

Marc: Ich glaube, ich habe mich damals gar nicht über das Thema Outing informiert und ich hätte auch nicht gewusst wo. YouTube war damals noch nicht so groß, da gab's hauptsächlich witzige Katzenvideos. Das ist ja heute ganz anders. Darüber hinaus hatte ich viel zu große Angst, mich überhaupt mit dem Outing zu beschäftigen. Im Nachhinein total bescheuert und unbegründet. Das Outing war definitiv die beste Entscheidung, die ich in meinem Leben getroffen habe.

 

“Das Outing war defintiv die beste Entscheidung, die ich meinem Leben getroffen habe.”

Marc (25)

Kim: Guter Punkt, heute gibt es ja echt viele YouTuber, die in ihren Videos von ihrem Outing und anderen Erfahrungen erzählen. Hattest du denn irgendwelche Vorbilder, an denen du dich auch orientieren konntest?

Marc: Ich hatte keine Vorbilder in der Szene und auch in den Medien gab es keine Schwulen, die ich bewundert habe. Mittlerweile ist das ja ganz anders. Neben YouTube gibt es ja auch immer öfter schwule oder lesbische Pärchen in Serien. Wer sich da mal ein bisschen damit beschäftigen will, dem kann ich die norwegische Serie SKAM empfehlen. Die gibt's online mit englischen Untertiteln und in der dritten Staffel geht es um ein schwules Teenager-Paar. Das sind echt Vorbilder. 

Kim: Du hast erzählt, dass es damals nicht gerade leicht war, online an Infos über Homosexualität zu kommen. Hättest du dir das anders gewünscht?

Marc: Auf jeden Fall. Eine Seite mit guten Informationen zum Thema Homosexualität, Verhütung, Outing usw. und einem Chat mit einer Person, die Erfahrungen teilen kann, wäre echt hilfreich gewesen. Sowas, wie es auf Handysektor im Info-Artikel gibt einfach! 

Junge auf Boot

Kim: Denkst du, dass heute alles ein bisschen einfacher ist?

Marc: An Infos zu kommen ist sicher einfacher. Dem Internet sei Dank! Auch Erfahrungen mit anderen zu teilen oder eben nur bei Videos zuzuhören ist heute ja kein Problem mehr. Ob es deswegen aber leichter ist, sich selbst zu outen? Das bezweifle ich schon. Da kann ich nur sagen: nur Mut!

 

“Ob es deswegen leichter ist, sich selbst zu outen? Das bezweifle ich schon.”

Marc (25)

Kim: Nur Mut ist ein gutes Stichwort. Gibt's denn noch andere Tipps, die du teilen kannst?

Marc: Haha, lass mich mal überlegen.
Also: 

  • Tipp 1: Übt das Outing an Freunden bevor ihr es mit der Familie macht. Das nimmt die Angst etwas.
  • Tipp 2: Tauscht euch mit anderen in der Szene über Erfahrungen aus. Das macht Mut und man fühlt sich weniger allein. 
  • Tipp 3: Wartet nicht zu lange mit dem Outing. Der «richtige Zeitpunkt» exisitiert nicht und wenn es vollbracht ist fällt euch eine riesen Last von den Schultern.

Kim: Marc, tausend Dank für diese ehrlichen Infos! 

Artikel vom 07.08.2018.