Auf TikTok, in den Reels und auch YouTube-Shorts: Überall sind gerade Ausschnitte aus einem Gerichtsprozess zu sehen.

Kaum eine halbe Stunde kann man gerade auf Social-Media verbringen, ohne mit Memes, Videos oder Sounds aus dem Gerichtsprozess rund um Amber Heard und Johnny Depp konfrontiert zu werden. Doch was steckt da eigentlich dahinter? Sind diese Inhalte in Ordnung oder sollten wir uns alle mal fragen, was wir damit vielleicht anrichten? Wir dröseln den Fall mal auf.

Worum geht es eigentlich?

Um den ganzen Fall wirklich darzustellen, bräuchten wir hier einen wirklich ewig langen Text. Stattdessen bekommt ihr hier eine Kurzfassung, die euch ganz schnell auf den neusten Stand bringt. Amber und Johnny sind beide als Schauspieler bekannt – insbesondere Johnny hat eine rieisge Fangemeinde. Die beiden lernten sich 2009 kennen, waren damals aber beide noch in einer festen Beziehung. 2012 trennten sich beide und starteten eine Beziehung, auf die 2015 die Hochzeit folgte. Nur 15 Monate später reichte Amber Heard die Scheidung ein und Johnny Depp sagte zu, ihr eine Summe von 7 Millionen Dollar zu bezahlen, die Heard spenden wollte. Einige Jahre später verfasste Heard einen Artikel über häusliche Gewalt. Im Artikel nennt sie keine Namen, jedoch könnte man, wenn man das will, herauslesen, dass sie im Artikel auch von Johnny Depp spricht. Johnny Depp verklagte sie daraufhin auf 50 Millionen Dollar, da dieser Artikel natürlich seinem Ruf und seiner Karriere schaden könnte. Daraufhin reichte Amber Heard eine Gegenklage auf 100 Millionen ein, weil Johnnys Anschuldigungen wiederrum ihren Ruf schädigen könnten.
Ausschnitte aus diesem Prozess sehen wir gerade überall auf Social-Media.

amber heard johnny depp
Screenshot: Übersicht von Reels zum Thema Johnny Depp

Was ist das Problem an Memes und Clips zum Fall?

Obwohl der Prozess gerade noch läuft und noch nicht entschieden ist, wer Recht bekommt und wer nicht, wurde im Internet schon eine Schuldige gefunden. Mit und ohne den Hashtag #justiceforjohnnydepp verbreiten sich millionenfach Inhalte, in denen der Schauspieler für seine Offenheit oder seine ironische, lockere Art gefeiert wird. Amber Heard hingegen wird als Lügnerin und Verrückte dargestellt, die Johnny in den Dreck ziehen will. Jede ihrer Bewegungen vor Gericht werden von Online-Schaulustigen genauesten analysiert, ihr wird unterstellt die Trauer und den Schock zu spielen, traurig blickend für die Kameras zu posieren oder sogar während des Prozesses Kokain zu nehmen. Online-Unterstützung für Amber gibt es dagegen kaum, was vor allem daran liegen kann, dass Johnny einfach viel mehr Fans hat als sie, schließlich hat er einige wirklich große Rollen gespielt.

amber heard johnny depp
Screenshot: Auf TikTok wird Amber Heard in fast jedem Clip als Lügnerin dargstellt.

Warum wird Amber Heard vor-verurteilt und was ist daran problematisch?

Im Prozess geht es um häusliche Gewalt. Das ist ein Thema, das unheimlich viele Menschen betrifft. Häufig sind betroffene Frauen, jedoch können auch Männer zu Opfern werden. Sowohl Amber als auch Johnny stellen sich in ihrem Prozess als Opfer von Gewalt dar, wer die Wahrheit sagt und wer lügt, das weiß man aktuell noch nicht. Außerdem ist auch denkbar, dass beide zu Teilen die Wahrheit sagen. Aktuell ist es so, dass es sowohl Punkte gibt, die gegen Amber Heards Galubwürdigkeit sprechen, als auch Beweise dafür, dass Johnny Depp nicht immer die absolute Wahrheit spricht.
Stellen wir uns aber mal vor, Amber Heard – die überall im Netz als Lügnerin dargestellt wird – hat am Ende doch Recht. Was lernen dann andere Betroffene von häuslicher Gewalt aus den Memes, Reels und TikToks? Vielleicht, dass man als betroffene Frau vor Gericht keine Chance hat, dass einem nicht geglaubt wird und dass man zusätzlich auch noch mit Hate rechnen muss. So trauen sich genau durch die Memes und Clips vielleicht aktuell schon weniger Betroffene, gegen Täter vorzugehen! Das allein ist Grund genug, die Inhalte aus dem Prozess nicht zu teilen oder gar selbst zu erstellen. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass solche Clips retraumatisierend auf alle Menschen wirken können, die häusliche Gewalt bereits selbst erlebt haben. Das heißt, dass durch ein kurzes TikTok vielleicht schlimme Erinnerungen wachgerufen werden könnten. Auch das ist ein weiterer Grund, sich eher gegen die vielen Inhalte aus dem Prozess auszusprechen.
 

Ein Fazit:

Der Prozess könnte viele wichtige Folgen haben, auch wenn Johnny Depp Recht bekommen sollte. Denn dann würde Aufmerksamkeit dafür geschaffen, dass auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden können und auch ihnen zugehört und geglaubt werden muss. Doch aktuell ist noch völlig unklar, wem im Prozess zu glauben ist. Statt sich eine Meinung auf Social-Media über einen laufenden Prozess zu machen, sollte man das besser den Profis vor Gericht überlassen. Vor allem auch deswegen, weil die bisher unbewiesenen Anschuldigungen auf TikTok und Co. jeden Tag auch hier Betroffenen häuslicher Gewalt angezeigt werden, für die das große Folgen haben kann.

In diesem super Video wird das Thema nochmal genauer beleuchtet:

Artikel vom 24.05.2022.